Auszeiten braucht jeder mal…

GESCHRIEBEN VON Anica |

August 1, 2022

Micro Post

 

Auszeiten als klassische Disziplinierungsmaßnahmen waren für mich lange ein absolutes Tabu und sind es bis heute. Nun ist es aber so, dass meine Mäuse seit einigen Wochen der Meinung sind, sich nicht mehr an Absprachen halten zu müssen. Wochenlang haben wir alles versucht.

 

Und nun endlich unseren Weg gefunden. Wahnsinn, was sich innerhalb von 2 Wochen ändern kann.

 

Aber zurück auf Anfang. Nicht eingehaltene Absprachen… Das wurmt mich auch bei Erwachsenen.

Wir haben’s ihnen erklärt. Wir haben ihn aufgezeigt, wie es ist, wenn wir das nicht machen würden. Wir haben es vorgemacht. Nix.

Keine Verbesserung, das Nervenkostüm wurde immer dünner, die Konflikte nahmen zu. Nichts hat funktioniert. Sie haben es verstanden und trotzdem haben sie sich nicht an ihre Absprache gehalten, auch nicht mit Verstärkung der klassischen Ankündigungen, die wir sonst immer erfolgreich genutzt haben.

Wochenlang ist es wirklich jeden Abend bis zur Wut eskaliert ist, wenn es darum ging, dass jetzt Schlafenszeit ist. Es wurde auch von Abend zu Abend später und später und meine Kleine, die immer später schlief wurde am Tage natürlich auch immer weniger kooperationsbereit, weil ihr einfach der Schlaf gefehlt hat.

An einem Abend bin ich um 22.00 Uhr aus dem Zimmer, während die Kleine weinte, weil ich einfach nicht mehr konnte. Ich sagte ihr, dass das so nicht mehr geht und ich noch einiges vorzubereiten habe und auch der Hund noch raus muss und ging.

Keine 10 Minuten später war ich von der Gassi-Runde mit dem Hund zurück und sah sie schon von weitem. Der kleine Windelpo drückte sich in die Hecke des Nachbarn gegenüber, ihre Plüschis an sich gedrückt, der Nuckel im Mund und der Blick sagte mir, daß sie wusste, daß es nun Ärger geben würde, weil sie da stand. Ich beugte mich zu ihr und stellte fest, „Du hast Angst allein zu sein. Das war noch nie so. Was ist denn los? Ich weiß nicht wie ich dir helfen kann.“ Sie fiel mir im den Hals und nuschelte etwas unverständliches in ihren Nuckel. Ich nahm sie auf den Arm und meinte „So kann das doch nicht weiter gehen. Hast du eine Idee?“ Kopfschüttelnde Erleichterung stellte sich bei ihr ein und ich trug sie zurück ins Haus.

So bin ich durch den Spaziergang auf zwei Dinge gekommen. Erstens, dass wir irgendeine Methode brauchen, um diesen Eskalationen vorzubeugen und zweitens, dass das neue Bett wieder weg muss. Das mit dem Bett war natürlich schnell gelöst. Ja, aber das Thema mit der Konsequenz war noch da.

Für diesen Abend war es dann aber auch gut. Sie lag in ihrem alten Bett und schlief.

 

Ein paar Tage später – ich war gerade am ausmisten – fiel mir ein Buch in die Hand, bei dem ich unsicher war, ob es bleiben darf. Ich klappte es auf und las über Auszeiten.

Ich hatte aus diesem Buch schon einige wertvolle Methoden mitgenommen, aber an diese hatte ich mich immer nicht ran getraut, es fühlte sich nicht gut an, das einfach so umzusetzen. Warnende Stimmen in meinem Kopf sagten, dass du deinem Kind weder die Liebe entziehen darfst, noch es in seiner Wut oder Angst allein lassen kannst, weil es mit sich selbst überfordert ist. Dann habe ich mir aber gedacht, was wenn man aber diese Auszeit so einsetzt, dass es eben kein Liebesentzug ist, sondern einfach eine Pause? Viele haben ja auch im Erwachsenenalter nicht gelernt, wie man den Streit schlichtet, bevor es eskaliert, indem man kurz auseinander geht. Niemand hat uns das als Kind beigebracht oder vorgelebt. (Wenn doch, dann beglückwünsche ich dich an dieser Stelle zu deinen reflektierten Eltern 😉) Genau das ist es doch aber, was wir als Erwachsene tun, wenn die Emotionen hochkochen, sagen wir, „Ich brauche eine Pause, um mich wieder runterzufahren.“ und dann versuchen wir, das Thema noch mal zu klären, wenn die Emotionen sich gelegt haben. Also warum soll man das mit Kindern nicht auch so machen? Mit diesem Ansatz habe ich meinen Mäusen dann erklärt, dass die ständigen Streits in letzter Zeit mich total stressen und mich das traurig macht und ich das nicht mehr möchte. Und wir es genauso machen wie die Großen, nämlich bevor wir wütend werden, auseinandergehen. Wir haben den Ablauf vorher besprochen, wer in welches Zimmer geht, wie lange die kurze Auszeit sein wird und wozu sie dient. Alle waren einverstanden, denn Streit finden alle doof.

Heißt konkret sieht das jetzt so bei uns aus.

Wir einigen uns. „Ja, ihr dürft jetzt noch etwas gucken, aber danach ziehen wir uns dann direkt um und gehen ins Bett.“

Wir hatten jetzt drei Tage hintereinander, dass die Kleine dann, nachdem das, was sie gucken wollte, zu Ende war, anfing zu diskutieren und dann erwiderte ich nur noch.

„Ich höre dich, du willst noch spielen. Wir hatten das anders besprochen und das diskutiere ich jetzt nicht noch einmal mit dir. Wir waren uns einig wir gehen ins Bett.“

Sie will trotzdem noch spielen. Dann sage ich, „Okay, denk dran, worauf wir uns geeinigt haben. Wir gehen ins Bett. Du willst spielen, willst unbedingt noch spielen. Morgen spielen wir wieder“
„Nein.“
Ok, ich verstehe dich, wir spielen morgen. Möchtest du eine Auszeit?“

„Nein.“

„Okay. Wollen wir also hochgehen und uns Bett fertig machen? Ich helfe dir.“

„Nein.“

„Okay, ich zähle jetzt bis drei, gehe bitte nach oben und mache dich fertig fürs Bett, ansonsten machen eine Pause.“

„Nein“

„Eins, gehe bitte nach oben.“

„Zwei, gehe bitte nach oben.“

„Drei, gehe bitte nach oben.

Okay. Auszeit.“

Dann reiche ich ihr die Hand und führe sie langsam in ihr Zimmer, wenn sie sich denn führen lässt. Notfalls trage ich sie, aber nicht mit Wut oder im schimpfen, sondern respektvoll und leg sie in ihr Bett. Mache die Tür zu und dann stelle ich den Timer. Drei Minuten, so alt wie meine Tochter ist und lasse sie in ihrem Zimmer. Ich gehe raus in den Garten und nehme diese drei Minuten für mich, um mein Gemüt zu beruhigen. Dafür habe ich meine Methoden und Anker. Nach diesen drei Minuten ist es tatsächlich jeden Tag so gewesen, dass sie einfach aufgestanden und runtergekommen ist, ins Bad und sich fertig gemacht hat. Ich hatte meinen tierischen Horror vor dieser Methode und jetzt bin ich dankbar, dass ich einen Weg gefunden habe, sie für uns in unseren Alltag zu integrieren und zwar respektvoll, würdevoll und auf Augenhöhe. Die Tage sind entspannter und es gibt weniger Streit manchmal sagen die Kids sogar selbst dass sei eine Auszeit brauchen, weil sie erschöpft sind. Ich finde, dass das eine tolle Entwicklung ist, dass sie das nun reflektieren und lieber in den Rückzug gehen.

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